Im Gespräch
«Wir haben als Genossenschaftsbank eine besondere Verpflichtung, nachhaltig zu wirtschaften.»
Raiffeisen hat 2022 erneut ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Auf was sind Sie besonders stolz?
Heinz Huber: Auf das Teamwork von Raiffeisen als Gruppe. Das hervorragende Jahresergebnis ist dem grossen Einsatz und der guten Zusammenarbeit aller Mitarbeitenden der Genossenschaftsbanken und Raiffeisen Schweiz zu verdanken.
Stolz macht mich auch die positive Entwicklung unseres Vorsorge- und Anlagegeschäfts. Wir sind in diesem Geschäftsfeld weiter auf Wachstumskurs. Ich kann heute sagen, dass wir im Bereich Vorsorgen und Anlegen für unsere Kundinnen und Kunden optimal aufgestellt sind.
Thomas A. Müller: Das Zinsdifferenzgeschäft ist ein umkämpfter Markt. Mit der Gruppenstrategie «Raiffeisen 2025» verfolgen wir deshalb das Ziel, uns weiter zu diversifizieren. Es ist erfreulich, dass uns das so gut gelingt.
Mich persönlich freut auch die Weiterentwicklung unserer Genossenschaft. Die Reformen der letzten Jahre für eine bessere Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe greifen. Der Austausch der Eignergremien mit Raiffeisen Schweiz funktioniert sehr gut. Wir nutzen das Know-how und die Schlagkraft der ganzen Gruppe heute besser. So heben wir uns von Mitbewerbern ab. Die Anzahl Genossenschafterinnen und Genossenschafter hat weiter zugenommen. Seit Dezember 2022 zählen wir zwei Millionen Mitglieder. Das bedeutet für mich: Kundinnen und Kunden sehen den Mehrwert des Genossenschaftsmodells und haben Vertrauen in Raiffeisen.
Raiffeisen hat das Vorsorge- und Anlagegeschäft stark ausgebaut. Inwiefern ist das Geschäftsfeld heute nachhaltiger?
Heinz Huber: Raiffeisen hat bereits vor über 20 Jahren unter dem Label «Futura» die ersten nachhaltigen Fonds lanciert und das Angebot an nachhaltigen Vorsorge- und Anlagelösungen seither kontinuierlich weiterentwickelt. Damit haben wir auf dem Schweizer Finanzplatz eine Vorreiterrolle übernommen. Mit der Strategie «Raiffeisen 2025» wollen wir noch nachhaltiger werden.
Heute sind die Futura-Lösungen das Rückgrat unserer Produkt- und Angebotspalette. Rund 95 Prozent des Volumens der Raiffeisen-Fonds sind nachhaltig angelegt. Und wir machen weiter: Nach unserer Fondspalette richten wir auch unsere Vermögensverwaltungsmandate konsequent auf Nachhaltigkeit aus. Bereits Ende 2021 lancierte Raiffeisen als erste Retailbank in der Schweiz einen verantwortungsvollen Gold-ETF. Mit «Futura Impact» bieten wir seit Ende 2022 – ebenfalls als erste nationale Retailbank – ein Vermögensverwaltungsmandat an, das neben finanziellen Zielen eine positive und messbare ökologische und soziale Wirkung erzielen soll. Darüber hinaus setzen wir in Zusammenarbeit mit der Schweizer Stiftung Ethos auf einen aktiven Investorendialog mit ausgewählten Unternehmen, um einen positiven Wandel hinsichtlich Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken zu bewirken. Wir setzen also an mehreren Stellen an.
Thomas A. Müller: Wir befinden uns im Wandel hin zu einer verantwortungsvollen Wirtschaft. Diesen Weg wollen wir als Bankengruppe aktiv mitgestalten. Deshalb haben wir das Thema in unserer Strategie auch fest verankert. Wir wollen die langfristigen Folgen unseres Handelns berücksichtigen und unsere Entscheidungen darauf abstellen – sei es geschäftlich, ökologisch oder in sozialen Bereichen.
Passt das Anlagegeschäft überhaupt zu einer Retailbank?
Heinz Huber: Auf jeden Fall – Raiffeisen ist heute auch eine Anlagebank. Unser Ziel ist es, einem breiten Publikum einen nachhaltigen Vermögensaufbau und eine professionelle Verwaltung ihres Vermögens zu ermöglichen. Das haben wir in unserer Strategie so festgeschrieben. Wir setzen auf einfache, verständliche Lösungen und kompetente Beratung. Die Eintrittsschwelle haben wir bei der digitalen Vermögensverwaltung Rio mit 5’000 Franken und den Vermögensverwaltungsmandaten mit 50’000 Franken bewusst tief angesetzt. Der Erfolg gibt uns recht: Im vergangenen Jahr haben Kundinnen und Kunden bei Raiffeisen mehr als 40’000 neue Depots eröffnet und über 30’000 Vermögensverwaltungsmandate abgeschlossen. Das zeigt das Interesse und vor allem das grosse Vertrauen in die Vorsorge- und Anlagekompetenzen von Raiffeisen.


«Raiffeisen ist heute auch eine Anlagebank.»
Heinz Huber
Vorsitzender der Geschäftsleitung Raiffeisen Schweiz


«Ich bin überzeugt, dass persönliche Beratungsleistungen wichtig bleiben.»
Thomas A. Müller
Präsident des Verwaltungsrats Raiffeisen Schweiz
Sie sprechen von Investitionen in die Nachhaltigkeit. Kann sich Raiffeisen punkto Nachhaltigkeit wirklich differenzieren?
Thomas A. Müller: Bei der Nachhaltigkeit geht es uns nicht darum, wie und ob wir uns differenzieren. Unser Anspruch ist es, dass wir den Generationen, die nach uns kommen, zumindest genauso viel Ressourcen hinterlassen, wie wir sie vorgefunden haben. Wir haben als Genossenschaftsbank eine besondere Verpflichtung, nachhaltig zu wirtschaften – das ist tief in unserer DNA verankert. Glaubwürdigkeit, Unternehmertum, Nähe und Nachhaltigkeit sind uns wichtig. Diese Werte prägen unsere Strategie und unser Arbeiten. Das heisst, Raiffeisen ist per Definition nachhaltig.
Heinz Huber: Wir wollen auch in Zukunft in verantwortungsvolles Banking investieren und Mehrwert stiften. Das tun wir in der ganzen Schweiz mit unseren Genossenschaftsbanken, schweizweit mit unserer Klimastrategie – «Netto-Null» bis 2050 beziehungsweise im Betrieb schon per 2030 –, indem wir Nachhaltigkeit in unseren Dienstleistungen und Lösungen fördern und in die Ausbildung investieren. 2022 hat Raiffeisen 17,9 Millionen Franken in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investiert.
Die Kundennähe ist ein herausragendes Merkmal von Raiffeisen. Wie stellt die Gruppe diesen Vorteil auch in Zukunft sicher?
Heinz Huber: Unsere Kundennähe bezog sich bislang vor allem auf die physische Präsenz in den Regionen. Über 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung erreichen einen unserer 803 Standorte innert zehn Fahrminuten. Diese unvergleichliche Nähe wollen wir auch auf dem digitalen Kanal erreichen. Die Voraussetzungen dazu sind sehr gut: Unser E-Banking gehört mit mehr als 1,7 Millionen Nutzerinnen und Nutzern zu den meistgenutzten E-Bankings der Schweiz. Unsere Kundinnen und Kunden sollen wählen können, wie sie mit uns in Kontakt treten beziehungsweise wann sie vom physischen in den digitalen Kanal wechseln oder umgekehrt. Dies adressieren wir explizit mit unserer Strategie «Raiffeisen 2025».
Die Digitalisierung ermöglicht es, im Hintergrund effizienter zu arbeiten. Das wollen wir nutzen, indem wir etwa den Vergabeprozess für einen Kredit oder eine Hypothek optimieren. Die gewonnene Zeit investieren wir zu Gunsten der Beratung unserer Kundinnen und Kunden.
Thomas A. Müller: Raiffeisen setzt auf ein hybrides Geschäftsmodell – persönliche Beratung und digitale Dienstleistungen sollen sich gegenseitig und möglichst nahtlos ergänzen. Die lokale Präsenz und damit die Verankerung vor Ort bleiben bestehen. Wir wollen auch in Zukunft in der Breite präsent sein. Menschen möchten bei wichtigen Entscheidungen im Leben ein persönliches Gegenüber haben. Ich bin überzeugt, dass die persönliche Beratung weiterhin wichtig bleibt.
Welche digitalen Neuerungen plant Raiffeisen in den nächsten Jahren?
Heinz Huber: Die wichtigste Neuerung ist sicherlich die Raiffeisen App. Auf dieser App stellen wir bis 2025 schrittweise alle unsere digitalen Services zur Verfügung. Das heisst, künftig können über die App neue Produkte abgeschlossen, Bankkarten bestellt und bestehende Produkte wie Hypotheken verwaltet werden. Bereits 2023 wird es möglich sein, digital innerhalb von fünf Minuten Kundin oder Kunde bei Raiffeisen zu werden.
Das Umfeld verändert sich rasant. Muss Raiffeisen deshalb ihre Strategie anpassen?
Thomas A. Müller: Raiffeisen hat die richtigen Prioritäten gesetzt, um aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Das zeigen unsere sehr guten Geschäftsergebnisse, die Anzahl Neukundinnen und Neukunden sowie neue Genossenschafterinnen und Genossenschafter. Wir überprüfen unsere Strategie allerdings regelmässig und justieren sie bei Bedarf. Eine gewisse Beweglichkeit ist wichtig und ermöglicht uns, Opportunitäten frühzeitig zu erkennen und zu nutzen. Unsere Stärke ist das Bankgeschäft, unser Fokus liegt auf Bank- und banknahen Dienstleistungen. Danach richten wir uns aus.
Raiffeisen steht für verantwortungsvolles Banking. Wie wird sich die Genossenschaftsbank weiterentwickeln?
Thomas A. Müller: Raiffeisen setzt als Genossenschaftsbank auf Stabilität und Sicherheit. Unsere Strategie ist langfristig ausgerichtet und orientiert sich nicht allein am Marktumfeld, sondern hauptsächlich an den Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden. Wir wollen nah bei unseren Kundinnen und Kunden sein – physisch wie digital – und mit unseren Lösungen begeistern. Neben dem Wandel zu einer Lösungsanbieterin steht Raiffeisen weiterhin für Nachhaltigkeit und Stabilität. Wir sind zwar gewinnorientiert, achten aber auch darauf, dass wir uns für die Gesellschaft und für unsere über zwei Millionen Genossenschafterinnen und Genossenschafter engagieren.
Heinz Huber: Wir schätzen das uns entgegengebrachte Vertrauen sehr. Und ich versichere Ihnen: Wir nehmen die Verantwortung als Bank, insbesondere als Genossenschaftsbank, und auch als Arbeitgeberin sehr ernst.
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